Daniel Hoffmann
Socialmedia-Blog.de-Gründer und Director Social Media der Coco-more AG in Frankfurt. Dort ist Hoffmann verantwortlich für Strate-gie und Konzeption zahlreicher Social Media Auftritte und Kam-pagnen verschiedener, internationaler Marken u.a. von Nestlé undProcter & Gamble.
CocomoreCocomore ist eine Agentur für Kommunikation und IT, die ihre Stärke in der Verbindungvon Kreation und Technologie sieht. Ergebnisorientiertes Denken und Handeln ist eineMaxime. Mit gut 130 Mitarbeitern und Büros in Frankfurt/Main, Königswinter, Sofia undPune/Indien entwickeln und betreuen sie Kommunikations-, Commerce- und CRM-Lö-sungen. Zum Kundenportfolio gehören unter anderem Nestlé, Procter & Gamble, PwC,Rossmann, RTL, SCA und Sanofi. Cocomore hat Projekte in über 30 Ländern realisiert undist Mitglied im Bundesverband Digitale Wirtschaft sowie im W3C.
Wie schätzen Sie die Position von Group Buying im Gartner Hype Cycle ein?Aus meiner Sicht ist die Mutter von Group Buying LetsBuyit.com. Das Konzept unter-scheidet sich etwas von dem heutigen. Die aktuelle Lage von Group Buying im HypeCycle sehe ich eher auf dem Weg in Richtung „Tal der Enttäuschung“, einfach ausden Erfahrungen aus dem täglichen Business heraus. Das aktuelle Konzept vonGroup Buying sehe ich nicht als das finale Konzept, dass sich in dem Produktions-niveau durchsetzen wird.Was macht Group Buying aus Ihrer Sicht so interessant?Group Buying ist perfekt für die Online Schnäppchenjäger Welt. Der Begriff GroupBuying wird durch die enormen Ausmaße etwas verfremdet. Man kann an dieserStelle eher von Mass-Buying sprechen. Der Begriff Gruppe ist eigentlich noch zu klein,um die Dimensionen von Groupon zu beschreiben. In kürzester Zeit werden Massenan Produkten an Kunden vertrieben. Diese Masse an täglich wechselnden Schnäpp-chen ist für den Kunden natürlich sehr interessant. Hinzu kommen attraktive Vorteiledurch Weiterempfehlung von Angeboten. Die eigentliche Idee von Group Buying, inder Gruppe günstigere Angebote zu erhalten, ist wesentlich älter als Groupon selbst.Ob im Einzelhandel oder im B2B Bereich: durch das Abnehmen größerer Mengengünstigere Preise zu erlangen, ist schon immer interessant.Sehen Sie Nachteile durch Group Buying für die Kunden oder die Anbieter?Ein wichtiger Punkt ist „Masse statt Klasse“. Support und Service leiden häufig un-heimlich unter der enormen Nachfrage. Bei einem Verkauf von Rasierern in einerDrogeriekette ist das weniger ein Problem. Deutlich wird dies aber an dem Beispieleines lokalen Friseurs, der das Ausmaß seines Angebotes völlig unterschätzt hat,nicht mehr in der Lage ist, die hohe Nachfrage mit den vorhandenen Ressourcen zudecken und somit Frustration bei den Kunden auslöst. Der Vorteil, lokale Angeboteeiner breiten Masse verfügbar zu machen, die man sonst nie erreichen würde, kannsich also sehr schnell zu einem Nachteil entwickeln und zu einem Frusterlebnis beiden neu angesprochenen Kunden führen. Ein weiterer Nachteil ist das Thema Kun-denbindung. Man hat zwar das Instrument der Reichweite, um auf sich aufmerksamzu machen. Ob sich dies dann aber auf die Gewinnung neuer Kunden auswirkt,muss genau betrachtet werden. Der überwiegende Anteil der Leute, die auf GroupBuying Plattformen unterwegs sind, sind Schnäppchenjäger, denen es egal ist, zuwelchem Anbieter sie gehen. Kundenbindung im Zusammenhang mit dem Instru-ment Group Buying ist daher eher kritisch zu betrachten. Group Buying ist primär eingeeignetes Mittel, um Lager zu räumen oder neue Produkte einer breiten Masse anKunden vorzustellen.Sind Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen bei Group Buying Anbietern einstellen, eigentlich noch in der Lage, einen Gewinn zu erwirtschaften?Das kann man nicht pauschalisieren. Aber ich denke, ein Großteil hat damit ein Pro-blem. Das ist eine einfache Rechnung. Groupon z. B. verlangt 50 Prozent vondem Umsatz der eingestellten Produkte. Wenn ein Unternehmen ein Angebot ein-stellen möchte, das 50 Prozent Nachlass garantiert und von den restlichen 50 Pro-zent nochmal die Hälfte an Groupon abgegeben werden müssen, dann ist schoneine sehr genaue Kalkulation notwendig, um am Ende noch in der Gewinnzone zubleiben. Sicherlich gibt es eine Menge von Produkten wo diese Rechnung aufgeht,aber es gibt auch zahlreiche Beispiele, wo dies problematisch wird.Welches Potenzial sehen Sie für Group Buying im B2B Bereich?Das jetzige Model von Group Buying im B2B Bereich umzusetzen ist schwierig. Kunden-bindung und Kundenbeziehungen sind im B2B Bereich ein ganz wichtiger Faktor. Hierwird eher auf den verlässlichen Lieferant vertraut, der die letzten Jahre immer zuver-lässig geliefert hat, selbst wenn ein anderer Anbieter mal ein 25 Prozent günstige-res Angebot abgibt. Um Group Buying im B2B Bereich zu etablieren, muss zunächsteine Lösung für das Kundenbindungsproblem gefunden werden. Die Frage ist auch,für welche Produkte Group Buying dann im B2B Bereich eingesetzt werden kann.Wie im B2C Bereich würde es sich für neue innovative Produkte eignen, die auf die-sem Weg bekannt gemacht werden können. Durch die günstigeren Konditionenkann versucht werden, die Hemmschwelle beim Erstkauf von neuen Produkten oderDienstleistungen zu senken. Ein weiterer Punkt, der im B2B Bereich zu Problemenführen kann, ist der Zeitfaktor. Einkaufsentscheidungen werden hier in der Regelnicht innerhalb von 24h getroffen.Gibt es im B2B Bereich bereits Plattformen, die auf eine solche Spot-Beziehung ausgerichtet sind?In UK und in den Vereinigten Staaten gibt es erste Plattformen die dies anbieten. Einhäufig erwähntes Beispiel hierfür ist „Huddlebuy“ (www.huddlebuy.co.uk) aus UK.Können aus Ihrer Sicht insbesondere kleine- und mittelständische Unternehmen von Group Buying profitieren oder ist dies auch für Großunternehmen interessant?Ganz klar, kleine- und mittelständische Unternehmen. Großunternehmen könnenganz anderen Druck ausüben, sie arbeiten hier unter anderen Verhältnissen.Welche Produkte und Dienstleistungen wären für Group Buying im B2B Bereich denkbar?Zum einen können auch im B2B Bereich neue Produkte auf dem Markt bekanntgemacht werden. Außerdem können auf diesem Weg Restposten verkauft werden,um Lagerbestände zu verringern. Bei Premium Marken ist darauf zu achten, dassMarken nicht zu Spottpreisen verkauft werden und den Ruf der Marke zu schüt-zen. Shopping Clubs, wie z. B. „Brands for friends“, versuchen eine gewisse Ex-klusivität des Käuferkreises zu erhalten und den Charakter des Massenkaufs et-was einzuschränken.Ist eine Integration von Group Buying in Soziale Netzwerke aus Ihrer Sicht sinnvoll?Dies sehe ich generell positiv. Der Vorteil hierbei sind Kosteneinsparungen: Wer-bung auf Facebook Fanpages des eigenen Unternehmens ist günstiger als Werbungüber Groupon. Firmen können die Angebote hier selbst steuern und bekommenmehr Insights über die treibenden Kräfte und Fans von Produkten. Durch persön-liche Informationen, die in sozialen Netzwerken vorhanden sind, können die Inter-essen von Personen bei Angeboten besser berücksichtigt werden. Die Schnäppchen-jagd steht hier nicht mehr so sehr im Vordergrund, eher die echten „Needs“der Kunden. Darüber hinaus ist die Anonymität hier auch nicht so hoch wie beiGroupon. Ich sehe diesen Ansatz auch als praktikabler an als das Beispiel „FacebookDeals“, bei dem Facebook selbst versucht hat, einen solchen Dienst ins Leben zu ru-fen. In diesem Fall hätten die Unternehmen wieder einen Anbieter zwischengeschal-tet. Man muss allerdings auch anmerken, dass das Ganze nur bei den Unternehmenwirklich gut funktioniert, die ohnehin bereits einen hohen Bekanntheitsgrad unddementsprechend viele Fans ihrer Fanpages haben.Wie sehen Sie die Entwicklung des Geschäftsmodells Group Buying in den kommenden Jahren?Die gezielte Ansprache von Kunden wird zukünftig immer notwendiger, um denCharakter einer „Ramsch-Plattform“ loszuwerden. Durch die richtige Ansprachekönnen Kunden besser an das Unternehmen gebunden werden. Wenn die An-sprache nicht zufällig erfolgt, sondern an den Interessen der Person ausgerichtet ist,ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass der Kunde wiederholt Produkte des Unterneh-mens kaufen wird. Ein weiterer interessanter Punkt könnte sein, den Grundgedan-ken des Group Buyings wieder aufleben zu lassen: den Zusammenschluss von be-stimmten Käufergruppen, um bestimmte Produkte und Dienstleistungen explizitnachzufragen. So könnten sich über eine Art Portal Kunden zusammenfinden undkonkrete Anfragen einstellen. Beispielsweise könnten Sportvereine, die Trikotsoder Trainingsbekleidung für Kindermannschaften benötigen, diesen Bedarf in demPortal veröffentlichen, und Anbieter dieser Produkte ein entsprechendes Angebot fürgenau diese Anfrage abgeben.