Dirk WeitzelStudierte Betriebswirtslehre an der FH Mainz. An der Southbank Uni-versity London erwarb Weitzel einen Master of Arts in Applied Europe-an Studies. Im Anschluss war er in leitender Funktion der EDV / Organi-sation / Controlling in einem Mainzer Unternehmen tätig; 1998 stieger als Systemanalyst bei Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & CoKG ein. Derzeit ist er Abteilungsleiter IS Business Partnering EnablingFunctions (weltweit) & Abteilungsleiter IS Deutschland bei BoehringerIngelheim Pharma GmbH & Co KG.
Boehringer IngelheimDer Unternehmensverband Boehringer Ingelheim zählt weltweit zu den 20 führenden Phar-maunternehmen. Mit Hauptsitz in Ingelheim, Deutschland, ist Boehringer Ingelheim weltweitmit 145 verbundenen Unternehmen vertreten und beschäftigt insgesamt mehr als 44.000Mitarbeiter. Die Schwerpunkte des 1885 gegründeten Unternehmens in Familienbesitz liegenin der Forschung, Entwicklung, Produktion sowie im Marketing neuer Medikamente mit ho-hem therapeutischem Nutzen für die Humanmedizin sowie die Tiergesundheit. Im Jahr 2011erwirtschaftete Boehringer Ingelheim Umsatzerlöse von rund 13,2 Mrd. Euro. Die Aufwen-dungen für Forschung & Entwicklung im Geschäftsfeld der verschreibungspflichtigen Medika-mente entsprechen 23,5 Prozent der dort erzielten Umsatzerlöse.
Haben Sie sich persönlich mit der Thematik Burnout befasst?Ja, ich habe mich damit befasst. Sowohl im Bekanntenkreis wie auch im berufli-chen Umfeld ist das Thema präsent. Natürlich auch durch die Medien. Die Fragedie oft diskutiert wird: Gab es Burnout bereits früher schon, wurde jedoch nicht alssolcher erkannt bzw. bezeichnet? Burnout wird m. E. nicht nur durch die Arbeit,sondern durch eine Kombination weiterer Faktoren, wie z. B. zusätzlicher Stress imprivaten Umfeld verursacht. Ich persönlich habe mich damit beschäftigt, weil Bekann-te von Burnout betroffen sind. Da stellt man sich schon manchmal die Frage, wieweit man selbst noch davon entfernt ist.Ist es ausreichend sein Zeitmanagement zu optimieren? Oftmals bin ich erst spätaus der Firma gekommen und konnte so Familie und Beruf nur schwer in Balancebringen.Sehen Sie Burnout als Trend oder als tatsächliches Problem an?Meines Erachtens ist Burnout ein Trend und zugleich ein tatsächliches Problem.Es ist schwer aktuelle statistische Zahlen von Burnout mit früheren zu vergleichen,da der Begriff relativ neu ist. Arbeitslast und Stress gab es sicher schon frü-her, die Arbeitsbedingungen haben sich aber deutlich verändert. Bspw. der Trendzu globalen Strukturen in Unternehmen kann großen Einfluss auf die „gefühlte“Arbeitsbelastung haben. Früher hatten wir lokale Teams, während wir heute in virtu-ellen, global agierenden Teams arbeiten. Somit ist schon alleine die Koordinationvon Projekten oder Meetings eine Herausforderung. Gerade durch die verschie-denen Zeitzonen fallen Meetings oft auf Randzeiten. Wir haben zwar sehr flexibleArbeitszeitmodelle die es erlauben auch bspw. von zuhause zu arbeiten und sichArbeitszeiten sehr flexibel zu gestalten. Wenn diese Möglichkeiten aber nicht ge-nutzt werden (können), kann es zu einer hohen Arbeitsbelastung kommen. Wenndies durch Stress bspw. in Projekten oder im privaten Umfeld flankiert wird, kann esschnell zu Burnouts kommen. Wir haben mittlerweile auch einige Fälle in unserer IT-Organisation. Dadurch ist das Thema Burnout auch ein Thema das vom Managementaufgegriffen werden muss.
Seit wann machen Sie sich im Unternehmen über Burnout Gedanken?Seit der Umstrukturierung unserer weltweit verteilten IT Einheiten zu einer globa-len IT-Einheit im Jahr 2010 sind mir mehrere Burnout-Fälle bekannt geworden. Ichkann nicht sagen, ob es mit der Umstellung zu tun hat, aber man denkt mehrüber mögliche Zusammenhänge nach. Wir stellen uns im Management die Frage,welche Maßnahmen wir ergreifen können um den Mitarbeitern zu helfen, Ihre Balan-ce zwischen Arbeit und dem notwendigen Ausgleich bewahren bzw. wiederherstel-len zu können. Darüber hinaus brauchen wir Schulungsangebote speziell für Füh-rungskräfte. Diese sollen besonders das frühzeitige Erkennen von Burnout-Symp-tomen und den richtigen Umgang mit den Betroffenen schulen. Einige Kollegen ha-ben bereits vereinzelt Veranstaltungen besucht, jedoch versuchen wir, einen ganz-heitlichen Ansatz zu finden.
Bieten Sie unternehmensinterne Angebote zum Thema Work-Life-Balance an?Regelmäßige Gespräche zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzte sind die Basis,um Themen wie die Work-Life-Balance zu adressieren. Es gibt bspw. eine Koopera-tion zwischen Boehringer Ingelheim und der Stadt Ingelheim zum Bau und Betriebeines Kindergartens in Ingelheim. Dort sind die Öffnungszeiten so gestaltet, dass dieseflexibel zu den Arbeitszeiten der Mitarbeiter passen. Wie bereits erwähnt gibt esflexible Arbeitszeitmodelle und Homeoffice-Möglichkeiten. Meetings mit Kollegenin anderen Niederlassungen in der Welt können die Mitarbeiter von zu Hause mitIhrem Dienstnotebook, entsprechender Software sowie einer Webcam durchfüh-ren und müssen deshalb nicht extra in die Firma kommen. Natürlich ersetzt diesnicht die persönlichen Kontakte, es stellt aber eine sehr gute Ergänzung dar.Was veranlasst die Unternehmensführung Präventivmaßnahmen durchzuführen?Unternehmerisch gedacht kostet jeder Fall von Burnout Geld. Der Mitarbeiter fällt aus,man muss für Ersatz sorgen; es folgt ein aufwändiger Reintegrationsprozess. Es sindoft die Leistungsträger, die einen super Job machen und bei einem Ausfall eine großeLücke aufreißen. Meines Erachtens ist neben dem wirtschaftlichen Interesse aber auch
die Wahrnehmung der sozialen Verantwortung des Managements ein entscheidender
Erfolgsfaktor, um das Thema in den Griff zu bekommen.