3D-Unterhaltungselektronik nimmt immer mehr Einzug in den Alltag; seien es3D-Kino oder 3D-Fernsehen. Schon seit längerer Zeit existieren Filme in 3D.Doch erst seit James Camerons „Avatar – Reise nach Pandora“ versuchenHollywoods Filmstudios auf die 3D-Welle aufzuspringen. Mittlerweile ist dasfast allen gelungen.
Dieser Beitrag zielt darauf ab, den Status quo im Bereich 3D-Unterhaltungselektronik
darzustellen und mögliche Entwicklungen aufzuzeigen. Zudem werden Probleme
und Risiken der 3D-Unterhaltungstechnik aufgezeigt.
In beinahe jedem Kino trifft man heutzutage auf funktionsfähige 3D-Projektoren. Nichtnur in öffentlichen Kinos wurde die 3D-Technik verstärkt nachgerüstet; auch im Bereichdes Home Entertainment machen die Unternehmen mobil. In den letzten Jahren kamenimmer bessere und preisgünstigere 3D-fähige Fernsehgeräte auf den Markt, die das hei-mische Vergnügen optimieren sollen. Aber hinter der dreidimensionalen Fassade steckenauch Gefahren und Risiken. Viele Kinobesucher klagen über Übelkeit, Magenkrämpfeund Kopfschmerzen. Da 3D kein neues Thema ist, gilt es nun zu untersuchen, wohinder Trend „3D“ geht. Wie entwickelt sich der Preis von Kinobesuchen und 3D-fähigenFernsehgeräten? Wird man bald ohne Brille das 3D-Erlebnis genießen können? Wird 3Dnoch weiterentwickelt oder wird schon an Nachfolgern geforscht? Welche Rolle spielt diesich in Entwicklung befindende Holographie-Technik? Welche Auswirkungen und Risikenfür Kinobesucher hat 3D?Ziel dieses Beitrags ist es darzustellen, ob die 3D-Technik auf dem Vormarsch ist undob sie das Potenzial aufweist, den gleichen Standard zu erreichen, wie z. B. das heu-tige HDTV. Außerdem soll er kurz aufzeigen, inwiefern die Technik den Bereich HomeEntertainment verändert.Der Aufbau des Artikels wird sich an den genannten Leitfragen orientieren.Nach der Darstellung von Grundlagen zur 3D-Technologie und einem kurzen Abrissder Historie wird auf den aktuellen Stand der Technik eingegangen. Danach schließtsich eine Aufstellung möglicher Potenziale der 3D-Technologie an. Risiken, Problemeund Herausforderungen insbesondere in Bezug auf gesundheitliche Probleme werdenabschließend angesprochen.
Im Allgemeinen beschreibt 3D die räumliche Darstellung von Objekten. Mittels Stereoskopie(griechisch stereós = räumlich, körperlich) wird zweidimensionalen Abbildungen (Bilder, Videos)räumliche Tiefe verliehen. Dies erreicht man durch Überlagerung von aus unterschiedlichenPositionen aufgenommenen Einzelbildern; es ist somit eine optische Täuschung. Das mensch-liche Gehirn wird dazu veranlasst, das mithilfe von zwei Augen, also binokular Gesehene zueinem für den Menschen dreidimensionalem Ganzen zusammenzufügen. Zusätzlich werdenzu diesen binokularen Informationen auch monokulare Aspekte wie z. B. die Objektgröße undder Schattenwurf für das räumliche Sehen herangezogen. (Marschollek, 2006) Monokulare As-pekte, also nur mit einem Auge erfasste Informationen ergänzen die räumliche Wahrnehmung.Dreidimensionale Bilder oder räumliche Verfahren sind bereits kurz nach der Erfindung der
Fotografie bekannt geworden (Stotz, 2011). Abhängig von der verwendeten Technik werden
Sehhilfen benötigt, die die Verteilung der Einzelbilder auf beide Augen realisieren.Das Farbanaglyphenverfahren (vgl. Abb. 1) stellt die älteste Technik dar und überträgt die per-spektivisch versetzten Bilder in unterschiedlichen Farben. Eine entsprechende Brille filtert die über-lagerten, unterschiedlich farbigen Bilder durch ebenso eingefärbte Gläser wieder auf das dafürvorgesehene Auge. Da diese Technik eine sehr eingeschränkte Bildschärfe und Farbqualität aufweist,wird sie zunehmend vom Polarisations- sowie dem Side-by-Side (Shutter) Verfahren abgelöst.Als das (lineare) Polarisationsverfahren (vgl. Abb. 2) 1937 entwickelt wurde, waren in den Ki-nos zunächst zwei Projektoren erforderlich. Die von diesen Projektoren ausgestrahlten Bilder wer-den unterschiedlich polarisiert; d. h. die Schwingungsrichtung des Lichts wird verändert und voneiner metallisch beschichteten Leinwand zum Zuschauer reflektiert. Die metallisch beschichteteLeinwand ist erforderlich, um die Polarisation des Lichts ohne Streuung aufrecht zu erhalten. Polari-sationsbrillen verteilen im Anschluss das für das jeweilige Auge bestimmte Licht. Sie sindpassiv und verfügen somit über keine aktiven Komponenten.Neuere Projektionstechniken mit digitaler Wiedergabe und hoher Bildwiederholfre-quenzen führten zur Entwicklung des zirkularen Polarisationsverfahrens. Hierbei ist dermeist in Kinos bereits vorhandene DLP-Projektor in Kombination mit einem polarisierendenLCD Element, das vor dem Projektorobjektiv Platz findet, für die Ausstrahlung autostereo-skopischer Inhalte ausreichend. Kinderkrankheiten der Polarisationstechnik wie das auf-wändige Synchronisieren von Filmbändern sind durch digitale Aufnahme- und Wiederga-begeräte ebenso Vergangenheit.
Abb. 2: Polarisationsverfahren
Das Shutter- bzw. Side-by-Side-Verfahren (vgl. Abb. 3) arbeitet im Gegensatz zu dem Polarisa-tionsverfahren mit aktiven Shutter-Brillen. Die Bilder werden nacheinander von einem Abspielgerätausgegeben, wodurch sich der Einsatz eines weiteren Abspielgerätes und den damit verbundenenSynchronisierungsaufwand erübrigt. Bei diesem Verfahren werden weder eine metallisierte Lein-wand noch Filterelemente benötigt. Die Bildtrennung erfolgt hier durch die Shutter-Brille, die durchImpulse des Abspielgerätes gesteuert wird und das jeweilige Auge, für das das Bild nicht bestimmt ist,abdunkelt.Abb. 3: Side-by-Side-VerfahrenSeit 2010 sind autostereoskopische Bildschir-me in Endgeräten und liefern auch ohne das Tragen einer Brille beeindruckende 3D-Bilder,wie es z. B. der Nintendo 3DSi anschaulich demonstriert.Alle, die den Fortschritt und die Entwicklung von 3D-Endgeräten verfolgen, überraschtnur eine Tatsache: die Geschwindigkeit (Mendiburu, 2011). Es finden zunehmend mehr 3Dfähige Endgeräte in Form von 3D-Fernsehern und Projektoren ihren Weg in die Haushalte,bieten den Kinos erneut Konkurrenz und treiben den Wettbewerb in Forschung und Ent-wicklung an.Für den Heimanwender gibt es mittlerweile auch viele Möglichkeiten, die 3D-Technikzu nutzen. Jedoch ist dies eine finanzielle Frage. Ein 3D-Projektor mit passenden Brillenkostete 2011 ca. 8.000 Euro. Für den Computer werden eine kompatible Grafikkarteund ein passender Monitor mit Brille benötigt; für das etwas preisgünstigere Heimkinogibt es mittlerweile eine Vielzahl von Fernsehgeräten. Bei der Vielzahl von Geräten istaber schon fast Expertenwissen nötig, um Vor- und Nachteile eines jedes Gerätes gegen-überstellen zu können. Test- und Erfahrungsberichte können bei der Kaufentscheidungzwar entscheidend helfen; jedoch gibt es bedingt durch die Vielzahl der Geräte und ver-schiedener Meinungen auch hier zahlreiche, unterschiedliche Berichte. Firmen wie z. B.Heise testen Geräte und verfassen darüber Testberichte. Doch auch hier benötigt manFachwissen, um den Inhalt zu verstehen. Kundenbewertungen hingegen sind einfachformuliert, jedoch spiegeln sie die Meinungen einzelner Personen wider, die je nach In-teresse unterschiedlich ausfallen.Im Bereich der Spielkonsolen hat Nintendo den Anfang gemacht und mit dem Ninten-do 3DS ein Gerät auf den Markt gebracht, das einen 3D-Effekt ohne Zubehör ermöglicht.D. h. es wird ein Tiefeneffekt ohne zusätzliche Brille erzeugt. Dies ist nur möglich, weil esein relativ kleiner Bildschirm ist. Eine Übertragung dieser Technologie auf größere Displayswie z. B. TV-Geräte ist grundsätzlich denkbar, aber nicht bezahlbar.Potenziale und Risiken der 3D-TechnologieDie Technik im Kinobereich ist bereits ausgereift; mittlerweile werden viele Filme in 3D aus-gestrahlt. Doch nach dem Kinobesuch stellt man sich häufig die Frage, welchen Mehrwert3D bei diesem Film geboten hat. Oft sind es nur wenige Szenen, in denen die Technik sobenutzt wird, dass es dem Betrachter auffällt. Der Film „Avatar“ gilt als Paradeexemplareines 3D-Films; dort wurde die Technologie so konsequent und intensiv genutzt, dass mandie Illusion hatte, man wäre mitten im Geschehen. Die Nutzung der 3D-Technologie, die fürden Betrachter zu einem Mehrwert führt, muss neu entwickelt werden; das Ziel ist nicht, 2Din 3D zu übertragen. Hier benötigen die Filmemacher dringend eine neue Bildsprache, die die3D-Technologie konsequent nutzt und umsetzt. Reine Effekthascherei würde – wie bereits inden 1950er Jahren – zu einer schnellen Verpuffung des aktuellen 3D-Trends führen.Die Heimanwendertechnik muss noch etwas leichter, ausgereifter und preisgünsti-ger werden, dann wird ein 3D-Fernseher genauso Alltag werden wie heute ein Full-HD-Fernsehgerät.Im Bereich der 3D-Unterhaltung treten einige Probleme auf; die meisten davon sindauf körperliche Beschwerden zurückzuführen. So können Menschen mit spezifischerHornhautverkrümmung 3D-Filme nicht richtig wahrnehmen. Oftmals treten in diesenFällen Kopfschmerzen oder Übelkeit auf. Verschlimmert wird dies noch durch die Positionzur Leinwand. Sitzt die betroffene Person nicht im idealen Winkel vor der Filmfläche,verstärken sich die Symptome. Eine Studie zeigt, dass eine leichte Abweichung von der„perfekten“ Sitzposition direkt zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands führenkann (Pacific University College of Optometry, 2011). Sitzt man beispielsweise zu weit untenund muss den Kopf extrem anheben, ist es deutlich wahrscheinlicher, Kopfschmerzen zubekommen. Die Ursache dieser Symptome liegt darin, dass es bei 3D-Filmen oder Spielenzu einem Konflikt zwischen Gleichgewichtssinn und visueller Wahrnehmung kommt. AlsBeispiel dient hier eine Szene auf einem Schiff: Um den Kinobesucher tobt ein Sturm, dasSchiff wackelt in den Wellen. Das Auge nimmt die Schwankungen wahr und übermitteltdiese Wahrnehmung dem Gehirn. Im gleichen Moment nimmt das Mittelohr aber keinerealen Bewegungen wahr. Und hier kommt es zu dem Konflikt, der die Symptome wieÜbelkeit, Magenkrämpfe oder in extremen Fällen sogar Erbrechen hervorruft.ZusammenfassungHistorisch gesehen ist die Entwicklung der 3D-Technik eine Evolution. Im Bereich der Kino-welt hat die 3D-Technik vieles verändert. Viele Kinos rüsten ihre alte Technik auf eine neue,3D-fähige Technik um, so dass die Besucher die 3D-Filme richtig erleben können.Die Kinotechnologie wird sich sicher in den kommenden Jahren nur noch wenig ver-ändern; der Trend im Home Media Bereich geht in Richtung 3D ohne Brille.Bis zur flächendeckenden Umsetzung dieser Technologie werden noch einige Jahrevergehen. Die Entwicklung der 3D-Technik ist in jedem Fall noch nicht abgeschlossen; esgilt, die Defizite der vorhandenen Systeme auszumerzen und die Stärken weiter auszu-bauen.
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Christian Hucke
Fachhochschule Mainz, Fachbereich Wirtschaft, seit 2010 berufsintegriertes Studium der Wirtschaftsinformatik bei HWK Mannheim
Mathias Kirsch
Patrick Orth