Kombiniert man die aktuellen Entwicklungen aus der Mobilfunk- undder Finanzindustrie, so entsteht ein Produkt, das den Handel revolutio-nieren und völlig neue Einsatzgebiete sowie Umsatzkanäle erschließenkann. Hierbei handelt es sich um das sog. NFC Payment, bei dem derKaufvorgang bzw. der anschließende Bezahlprozess über einen mobilenKommunikationskanal umgesetzt wird.Dieser Beitrag dient einer Einführung in das Thema NFC Payment.
In den letzten Jahren haben sich verschiedene Formen des Mobile-Payment entwickelt. SowohlHändler als auch Kunden sind heute in der Lage, ihren kompletten Zahlungsverkehr über Mo-biltelefone abzuwickeln. Während Händler das Handy als mobiles Bezahlterminal nutzen, rufenKunden ihren Kontostand ab oder tätigen Überweisungen.Nach Angaben der Smart Card Aliance zählen Mobile Banking, Mobile Commerce, MobilePoint of Sale (POS), Peer-to-Peer Mobile Payment, Remote Mobile Payment und Proximity Mo-bile Payment mit den Unterformen NFC-Enabled Proximity Mobile Payment (NFC Payment) undBar Code-Enabled Proximity Mobile Payment zu den Formen des Mobile Payment (Smart CardAlliance Payments Council, 2012).Während sich viele der vorgenannten Formen bereits auf dem Markt etabliert haben, wirddas NFC Payment im aktuellen Gartner Hype Cycle als einer der nächsten großen Trends ge-nannt (Gartner, 2011).Dieser Artikel stellt eine Einführung in das Thema NFC Payment dar. Es wird die Ent-wicklungsgeschichte des NFC Payment vorgestellt, die zugrundeliegende Technologie be-schrieben und das Bezahlverfahren sowie damit verbundene Vorteile für Händler und denKunden erläutert.
Beim NFC Payment wird der internationale Übertragungsstandard NFC (Near Field Commu-nication) für einen kontaktlosen Bezahlvorgang mittels Mobiltelefon genutzt.Der NFC Standard wurde 2002 von Sony sowie NXP Semiconductors entwickelt und basiertauf deren Erkenntnissen aus der RFID- (Radio Frequency Identification) sowie der Smartcard-In-dustrie (Cappell, A. 2012). In 2004 wurde das NFC-Forum von Sony, NXP Semiconductors undNokia gegründet, um eine weltweite Standardisierung der NFC-Technologie zu ermöglichen. In-zwischen besitzt das Forum mehr als 150 Mitglieder; die Entwicklung internationaler Normen istnoch nicht abgeschlossen.Die ersten verfügbaren NFC-fähigen Mobiltelefone wurden von Samsung und Nokiaentwickelt. Seit 2005 prüft man deren Einsatzmöglichkeiten in zahlreichen Feldversuchen.Die NFC-Technologie wird dabei von den Verbrauchern überwiegend als einfach bedienbarund innovativ empfunden.2011 starteten erste Großprojekte in den USA, die als Ziel die Etablierung eines mobi-len Bezahlsystems auf Basis der NFC-Technologie verfolgen. Vorreiter sind MasterCard, Visaund Google (Amberg & Lang, 2011). Während bei MasterCard und Visa gängige Kreditkar-ten um einen NFC-Chip erweitert werden, integriert Google dagegen die NFC-Technologiein sein Smartphone-Betriebssystem Android. Darauf aufbauend wird mit „Google Wallet“eine virtuelle Geldbörsen-App zur Verfügung gestellt, die als kontaktlose Kreditkarte ein-gesetzt werden kann (Google, 2012).Aktuell ist die Verbreitung des NFC Payment in Deutschland noch recht gering. Im August2012 beginnt der Sparkassen-Verbund, alle EC-Karten mit einem NFC-Chip auszustatten. BisEnde 2012 ist geplant, insgesamt 16 der ca. 45 Mio. Sparkassen-Karten auszutauschen (Seidel etal., 2011). Darüber hinaus arbeitet Visa Europe in Deutschland an der Etablierung seines Bezahl-systems „payWave“, das bis Mitte 2012 durch sechs deutsche Banken unterstützt werden soll(Visa Europe, 2012).
Die NFC-Technologie beruht – ähnlich der RFID-Technik – auf der induktiven Kopplung zweierSpulenantennen und ermöglicht die Übertragung von Daten über kurze Strecken von max. 10 cm(Friedewald et al., 2010). Hierbei wird ein zwischen den Spulenantennen entstehendes hochfre-quentes Magnetfeld genutzt. Der Sender wird als Initiator, der Empfänger als Target bezeichnet.Nach Finkenzeller kann die Datenübertragung mittels zweier Verfahren erfolgen; beideÜbertragungsverfahren basieren auf der Modulation von Amplituden (Finkenzeller, 2008). Imsog. aktiven Modus erzeugen beide Kommunikationsteilnehmer ihr eigenes Radiofrequenz-Magnetfeld für die Datenübertragung. Im passiven Modus wird das Radiofrequenz-Magnetfeldausschließlich durch den Initiator aufgebaut; das Target überträgt seine Daten in diesem Fallmittels Lastmodulation über das Radiofrequenz-Magnetfeld des Initiators.Genutzt wird das weltweit verfügbare, lizenzfreie Frequenzband von 13,56 MHz. DieDatenübertragung erfolgt half-duplex (Nabendu, 2011). Während der Datenübertragungdes Initiators muss das Target sein Radiofrequenz-Magnetfeld deaktivieren und kann aus-schließlich Daten empfangen. Die NFC-Technologie erreicht dabei Übertragungsraten zwi-schen 106,2 bis 424 kBit/s. Die Übertragungsgeschwindigkeit wird während des Verbin-dungsaufbaus zwischen Initiator und Target vereinbart.
Es existieren drei verschiedene NFC-Gerätetypen: NFC-fähige Mobiltelefone, NFC-Tags sowieNFC-fähige Lesegeräte (Smart Card Alliance Payments Council, 2007). Alle Gerätetypen be-sitzen eine Antenne sowie einen Mikrocontroller für die kontaktlose Kommunikation. Darüberhinaus sind NFC-fähige Mobiltelefone mit speziellen Schaltkreisen wie dem Secure Element (SE)ausgestattet (Coskun, 2012). Das Secure Element ist für die Absicherung der Kommunikation mitanderen NFC-Geräten verantwortlich und stellt einen geschützten Speicherbereich für Kommuni-kations- und Anwendungsfunktionen wie z. B. eine Geldbörsen-App zur Verfügung.
Grundvoraussetzung für die Etablierung des NFC Payment sind durchgängige Standardssowie die Zusammenarbeit aller Interessengruppen. Nachfolgend werden die wichtigstenInteressengruppen sowie deren Aufgaben im kontaktlosen Bezahlvorgang mittels NFC Pay-ment gemäß Smart Card Alliances erläutert (Smart Card Alliance Payment Council, 2007).
Mit NFC Payment soll Bezahlen grundsätzlich einfacher, bequemer und schneller werden. Nach-folgend wird auf die konkreten Vorteile für Händler und Konsumenten eingegangen (SmartCard Alliance Payments Council, 2007).Für den Händler bietet das NFC Payment einen entscheidenden Vorteil – der Bezahlprozesswird deutlich schneller. Dadurch können in der gleichen Zeit mehr Kunden bezahlen, die Schlangenan der Kasse werden kürzer und die Kundenzufriedenheit steigt. Darüber hinaus ist die Ausfallsi-
cherheit während des Lesevorgangs im Vergleich zu herkömmlichen Magnetstreifen- oder Chipkar-ten wesentlich höher. Mehrfache Lesevorgänge können vermieden und der Bezahlprozess weiterbeschleunigt werden. Ferner gehen weniger Einkäufe aufgrund fehlgeschlagener Lesevorgängeverloren und der Umsatz kann gegebenenfalls verbessert werden. NFC Payment bietet dem Händleraußerdem die Möglichkeit, individuelle Applikationen wie beispielsweise Rabattprogramme in dievirtuelle Brieftasche zu integrieren und dadurch die Kundenbindung zu verbessern. Wichtig ist wei-terhin, dass Händler ihre vorhandenen Kassensysteme und Bezahlprozesse nicht ändern müssen.Der Konsument erhält durch NFC Payment vor allem einen gesteigerten Komfort. Wäh-rend des Bezahlvorgangs muss das Mobiltelefon ausschließlich in die Nähe des Lesegerätesgehalten werden. Komplizierte Lesegeräte und Vorgänge entfallen vollständig. Ferner mussder Kunde keine Papierbelege sammeln und erhält über sein Mobiltelefon jederzeit einevollständige, vollautomatisch generierte Übersicht der getätigten Bezahlvorgänge. Wichtigerscheint auch der folgende Vorteil: Viele Menschen haben ihr Mobiltelefon immer da-bei. Die Brieftasche dagegen wird nicht immer mitgenommen. Mit Hilfe des NFC Paymentkönnen Konsumenten einfach über ihr Mobiltelefon bezahlen. In die virtuelle Brieftaschelassen sich außerdem alle vorhandenen EC- und Kreditkarten integrieren. Der Konsumenthat demnach immer die freie Wahl, welche Karte er im jeweiligen Bezahlvorgang nutzenmöchte, ohne dabei immer alle Karten bei sich führen zu müssen.
NFC Payment baut auf der bewährten RFID-Technologie auf, um ein kontaktloses Bezahlsys-tem zu etablieren. Sowohl für den Kunden als auch für Banken und andere Interessenvertreterbietet das NFC Payment dabei viele Vorteile. Das Bezahlen mittels NFC Payment wird einfacher,schneller und zuverlässiger. Während Händler Kosten einsparen können, entstehen für Bankenneue Umsatzkanäle. Dennoch hat sich das NFC Payment bis heute nicht nennenswert auf denWeltmärkten als Bezahlverfahren etabliert. Mögliche Ursachen hierfür könnten sein:
Sofern die vorgenannten Probleme von der Industrie aufgearbeitet und korrigiertwerden können, birgt das NFC Payment sowohl für den Verbraucher als auch Bankenund Händler große Vorteile. Nicht zuletzt wird das NFC Payment deshalb auch im GartnerHype Cycle als kommenden Trend genannt und könnte unser existierendes Bezahlverfahrenkomplett ändern.
Amberg, M., & Lang, M. (2011). Innovation durch Smartphone & Co: Die neuen Geschäftspotenziale mobiler Endgeräte. Düsseldorf: Symposion Publishing.Cappell, A. (2012). Mobile Payment einfach auf den Punkt gebracht. Düsseldorf: Landesanstalt für Medien Nordrhein Westfahlen.Coskun, V. O. (2012). Near Field Communication (Nfc): From Theory to Practice. West Sussex: John Wiley & Sons Ltd.Finkenzeller, K. (2008). RFID-Handbuch: Grundlagen und praktische Anwendungen von Transpondern, kontaktlosen Chipkarten und NFC. Carl Hanser Verlag GmbHFriedewald, M., et al., (2010). Ubiquitäres Computing: Das „Internet der Dinge“ - Grundlagen, Anwendungen, Folgen. Berlin: Edition Sigma.Gartner (2012). Gartner Hype Cycle. Stamford, U.S.A.: Gartner Inc.Gillert, F., & Hansen, W.-R. (2006). RFID für die Optimierung von Geschäftsprozessen: Prozess-Strukturen, IT Architekturen, RFID-Infrastruktur. Wien: Carl Hanser Verlag GmbHGoogle (2012). Google Wallet. Von http://www.google.com/wallet abgerufenLanger, J. R. (2010). Anwendungen und Technik von Near Field Communication. Heidelberg: Springer.Nabendu, C. (2011). Computer Information Systems - Analysis and Technologies. Berlin: Springer.Seidel, H., et al., (2011). WELT ONLINE: Sparkasse will 45 Millionen EC-Karten austauschen. Abgerufen am 15. Juni 2012 von http://www.welt.de/finanzen/article13437240/Sparkasse-will-45-Millionen-EC-Karten-austauschen.htmlSmart Card Alliance Payments Council. (2012). Proximity Mobile Payments: Leveraging NFC and the Contactless Financial Payments.Smart Card Alliance Payments Council. Visa Europe. (2012). Visa Europe: Montrada und Ingenico bringen Visa payWave im deutschen Handel voran. Abgerufen am 15. Juni 2012 von http://www.visa.de/de/uber_visa/presse/aktuelle_pressemitteilungen/montrada_und_ingenico_bringen.aspx
Christian Burkard
Ist als Systemadministrator im Zentrum für Informationstechnologie der Stiftung kreuznacher diakonie tätig. Studiert berufsintegrierend im Master IT Management an der FH Mainz.
Andreas Duchmann
Für den Vertrieb im Geschäftsfeld IT Sicherheitder usd AG verantwortlich. Studiert berufsintegrierend im Master IT Management an der FH Mainz.