Im Juni 2011 setzten Wissenschaftler einer Patientin eine Unterkieferprotheseaus Titan ein. Das Besondere dabei war, dass diese aus einem 3D-Druckerstammte. Die Operation sorgte weltweit für Aufsehen und gibt neue Hoffnungfür zukünftige Entwicklungen des 3D-Drucks. Architektur und Industrie sindweitere von dieser Technik profitierende Fachgebiete.Dieser Beitrag zielt darauf ab, die Grundlagen des 3D-Drucks darzustellen,Anwendungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Potenziale wie auch Risiken zudiskutieren.
Nicht nur die IT Branche entwickelt sich rasend schnell. Auch die Produktionsindustrieschreitet immer schneller voran, stets auf der Suche nach neuen und innovativen Tech-nologien. Dabei spielt die IT mittlerweile eine sehr wichtige Rolle, da Computer immermehr Prozesse im Unternehmen nicht nur unterstützen, sondern vollständig kontrollie-ren. Eine Technologie, die zwar noch relativ unbekannt und wenig verbreitet ist, ist der3D-Druck. Diese Technik wird erst durch die hohe Leistungsfähigkeit der Computer er-möglicht. Beliebige Objekte, die zuvor in einem 3D-Programm kreiert wurden, könnenmit 3D-Druckern in einem Produktionsschritt hergestellt werden. Dies hat den Vorteil,dass im Gegensatz zu den bisherigen Fertigungsmaschinen wie z. B. CNC-Fräsen die Um-rüstzeiten für verschiedene Werkzeuge entfallen und statt vieler Einzelteile nur noch einWerkstück erzeugt wird. Leider sind 3D-Drucker aktuell noch sehr langsam. So dauert esmehrere Stunden, um ein wenige cm3 großes Objekt zu drucken.Ziel des folgenden Artikels ist es, einen Überblick über 3D-Druck zu geben. DieFunktionsweise dieser Technologie wird erklärt und die Unterschiede zu den herkömm-lichen Druckverfahren werden erläutert. Anschließend werden einige Anwendungen imtechnischen und medizinischen Bereich vorgestellt und an Beispielen aus der Praxis ver-anschaulicht. Des Weiteren werden kurz die Auswirkungen und deren Risiken aufgezeigt.Der Artikel schließt mit einem kurzen Fazit.
Drucker sind, neben den herkömmlichen Ausgabegeräten wie z. B. Bildschirm, Beamer –eine der Möglichkeiten, Daten, die sich auf einem Rechner befinden, außerhalb davonnutzbar zu machen. Bisher beschränkte sich dies meist auf Texte, Bilder und andere zwei-dimensionale Ausdrucke.Durch die Möglichkeit, schnell und kostengünstig Prototypen zu erstellen, wurde dieEntwicklung von Produkten revolutioniert. Auch Kleinserien, wie sie beispielsweise beiErsatzteilen benötigt werden, sind nun relativ leicht umsetzbar. Jeder, der den Umgangmit 3D-Programmen beherrscht, wird in der Lage sein, eigene Produkte anfertigen zulassen. Auf 3D-Druck spezialisierte Firmen vermieten ihre Produktionskapazitäten, wäh-rend der Kunde die Konstruktionspläne liefert. Für beide Seiten, sowohl Kunde als auchVertriebsunternehmen, bedeutet dies Kosten- und Zeitersparnis. Dank der fortschreiten-den Entwicklung der 3D-Drucker wird der schnelle, kostengünstige Ausdruck von Datenauch immer mehr für dreidimensionale Objekte möglich. Der große Vorteil eines Druckersgegenüber einer spezialisierten Maschine ist, dass ein Drucker, ohne Umbau oder Einsatzeiner besonderen Gussform, beliebige Formen kreieren kann. Die Hauptanwendungsge-biete sind deswegen auch das Rapid Prototyping sowie die Fertigung von Produkten mitnur sehr geringer Stückzahl.
Abbildung 1: Motorachse (4D Concepts, 2012)
Heutzutage wird der Begriff 3D-Druck oftmals ohne Differenzierung der eingesetztenTechnologie bzw. Verfahren als Oberbegriff für Schichtbauverfahren eingesetzt (Heise,2011a).
Im Allgemeinen ist ein 3D-Drucker in der Lage, ein beliebiges dreidimensiona-les Druckmuster in 3D auszudrucken. Je nach Technologie werden zur Erzeugung des
Objekts unterschiedliche Materialien und Drucker genutzt (3D Druck, 2011a). Aktuell greifendie meisten Drucker auf Polymere zurück, da diese leicht zu verarbeiten sind. Gedrucktwird immer Schicht für Schicht, so entsteht Stück für Stück ein komplexes Modell.Die verschiedenen Druckverfahren unterscheiden sich hierbei vor allem in der Materialbe-reitstellung (3D Druck, 2011a). Eine Möglichkeit ist, ein Pulver auf Polymerbasis mittels Laseran den zu druckenden Stellen zu schmelzen. Das überschüssige
Pulver wird danach entfernt unddas Ergebnis ist ein fertiges 3D-Modell. Eine andere Möglichkeit ist, dass ein flüssiges Harz mit-tels Laser an bestimmten Stellen gehärtet wird und so das Objekt entsteht.
Alternativ existieren allerdings auch Drucker, die wie ein Tintenstrahldrucker das verwendete
Material direkt in flüssiger Form auftragen und dann mit einem Laser aushärten (3D Druck, 2011a).
Abbildung 2: Operationsplanung (4D Concepts, 2012)
Zurzeit gibt es bereits einige Firmen, die sich auf Rapid Prototyping mittels 3D-Druckspezialisiert haben. Der Kunde liefert ein valides 3D-Modell als Datei und erhält einigeTage später seinen Prototyp oder sogar Kleinserien des gewünschten Produkts. Das ist diegroße Stärke des 3D-Druckes. Während ansonsten mühsam handgefertigte Prototypenerstellt werden müssen oder dafür eine Maschine zu entwickeln ist, reicht dem 3D-Dru-cker das als Datei vorliegende 3D-Modell. Die Kosten liegen bei etwa 1–2 Euro pro cm3verbrauchten Materials. Auch Objekte, die mit anderen Methoden nur schwer oder garnicht realisierbar sind, wie beispielsweise hoch komplexe und feine Strukturen lassensich erstellen, da 3D-Drucker additiv Material hinzufügen und so keine bestehendenStrukturen stören, die eine Bearbeitung verhindern. Interessanterweise sind aber aucheinem 3D-Drucker Grenzen gesetzt. Die eigentlich einfache Form einer hohlen Kugellässt sich auch mit einem 3D-Drucker nicht 100%ig erstellen. Überschüssiges Materialmuss nach dem Druck noch aufwändig aus dem Inneren entfernt werden, was bei einergeschlossenen Kugel nicht möglich ist.Einer der Hauptanwendungsbereiche ist das Rapid-Prototyping (3D Druck, 2011b).Es wird in der Regel verwendet, um schnell und kostengünstig ein Geometriemodell zuerhalten. Das vom Auftraggeber gewünschte Endmodell wird vom Entwickler entworfenund anschließend erzeugt. Dieses Modell wird vom Auftraggeber begutachtet und inZusammenarbeit mit den Entwicklern weiterentwickelt, bis die gewünschte endgültigeForm erreicht wird. Der große Vorteil hierbei ist, dass das Objekt angefasst werden kann.Man spricht von haptischen Eindrücken, die bei diesem Prozess gewonnen werden kön-nen (Gebhardt, 2000).Eine Stufe weiter gehen die Rapid Manufacturing Systeme; hier werden die Vorteiledes 3D-Drucks auch für die Fertigung eingesetzt. Im Vergleich zu den zuvor beschriebe-nen Techniken sind hierbei jedoch höhere Investitionen in aufwändigere Anlagen not-wendig, da die Erzeugnisse qualitativ hochwertig und robust sein müssen.3D-Drucker werden im medizinischen Bereich aktuell vor allem in der Zahnmedizineingesetzt, um beispielsweise Formen für Zahnprothesen passgenau auf den Patientenanzupassen. Einigen Instituten ist es bereits gelungen, komplette Knochenreplikate zudrucken, wie das Eingangsbeispiel eindrucksvoll zeigte. Diese Replikate lassen sich dannals Prothese nutzen. Das Wake Forest Institute for Regenerative Medicine beschäftigt sichderzeit sogar damit, aus gezüchteten Zellen ein druckbares Rohmaterial zu erzeugen, um
Haut zu ersetzen (3Druck, 2011c). Sobald hier die ersten Ergebnisse vorliegen, sollen Lösungenentwickelt werden, um Organe aus körpereigenem Material drucken und ersetzen zu können.Die Entwicklung geht in die Richtung, dass in Zukunft sowohl Privatpersonen als auch Firmen3D-Drucker besitzen werden. Allerdings ist die Technologie noch bei weitem nicht so ausgereift,dass Privatpersonen damit qualitativ hochwertige Produkte erzeugen können. Abgesehen von den stellen Urheberrechte an technischen Problemen dem Produkt ein weiteres großes Problem dar. Es wird nur der Konstruktionsplan benötigt, um ein Produkt beliebig oft zu replizieren.Zudem besteht in Zukunft die Gefahr, dass sich die Produktion vieler Güter aus Unter-nehmen in den Home-Bereich verlagert, sobald die Drucker die Erstellung komplexerObjekte marktreif beherrschen. Dadurch würde der Bedarf für Personal in der Fertigungsinken. Es ist allerdings noch nicht abzusehen wann dies der Fall sein wird, da neben demProblem des eigentlichen Druckens noch die Komplexität der Nachbearbeitung eines ein-zelnen Werkstückes verbleibt.
Die 3D-Druck Technologie bietet fast unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten in medi-zinischen wie auch technischen Bereichen. Zudem übt sie eine unglaubliche Faszinationauf den Menschen aus, da sich greifbare Objekte einfach drucken lassen. Der Techno-logie fehlen derzeit noch Performanz und Effizienz, um in naher Zukunft massentauglichauch im privaten Bereich einsetzbar zu sein.Daher wird der Markt derzeit durch das B2B-Geschäft getrieben. In der Weiterent-wicklung dieser noch relativ jungen Technologie steckt hohes Potenzial. Erwähnenswertist hierbei die im Jahre 2010 geschlossene Partnerschaft zwischen Hewlett Packard unddem 3D-Druck Spezialisten Stratasys (Channelpartner, 2010).
3Druck. (2011a). Übersicht der aktuellen 3D-Druckverfahren. Abgerufen am 20. August 2012 von http://3druck.com/grundkurs-3d-drucker/teil-2-uebersicht-der-aktuellen-3d-druckverfahren-462146/
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Abele Eberhardt, W. A. (2007). Modulare Konzepte rekonfigurierbarer Werkzeugmaschinen.
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Gebhardt, A. (2000). Rapid Prototyping – Werkzeuge für die schnelle Produktentstehung. München: Hanser Verlag.
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Alexander Coenen
Ausgebildeter Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung, Application Consultant bei Merck. Studiert berufintegrierend Wirtschaftsinformatik an der FH Mainz.
Jonas GrasediekAusgebildeter Bürokaufmann, zurzeit zweite Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration beim LDI Mainz. Studiert dual Wirtschaftsinformatik an der FH Mainz.
Cihan SenAusgebildeter Informatikkaufmann, IT Projektmitarbeiter und Administrator bei Süd-West-Kreditbank Finanzierung GmbH. Studiert berufintegrierend Wirtschaftsinformatik an der FH Mainz.