Selbstfahrende Fahrzeuge, Militärroboter, vollautomatische Staubsaugerund Rasenmäher – autonome Roboter erhalten in den Medien immermehr Aufmerksamkeit und sorgen für Diskussionen. Heutige Roboterstecken noch in den Kinderschuhen und werden in der Öffentlichkeit alsSpielzeuge der Entwickler angesehen. Man unterscheidet halbautonomeund autonome Systeme. Halbautonome Maschinen werden heute schonals Assistenzsysteme vielfältig eingesetzt und unterstützen Nutzer beiihren Tätigkeiten. Autonome Systeme hingegen können Aufgaben selbst-ständig erledigen.Dieser Beitrag zeigt Anwendungsmöglichkeiten mobiler Roboter auf.
Entwicklungen und Innovationen im Bereich der Robotik ermöglichen den Einsatz entspre-chende Robotersysteme in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und bringen die Tech-nik aus den Laboren in das öffentliche Leben. Gerade die spektakulären Ankündigungenvon Rüstungsunternehmen mit vorheriger Geheimhaltung der Entwicklungen gestalten die-ses Gebiet zu einem interessanten Fachthema. Insbesondere in der Robotik-Branche werdenProduktankündigungen und Werbung intensiv eingesetzt, um Kunden die Funktionsvielfalt
– teils übertrieben – darzustellen und die Technologie auch für den Endkonsumenten inter-essant zu machen. Obwohl die Außenwirkung komplexer Robotik durch Romane und Filmein den Medien oft als Science-Fiction dargestellt wird, zeigen die heutigen Produkte und Ent-wicklungen jedoch, dass diese Szenarien teilweise bereits realisiert sind.In den letzten Jahren haben Roboter einen immer höheren Stellenwert in Industrieund Militär eingenommen (VDI/VDE/IT, 2012). Wiederkehrende Arbeiten werden in vielenBereichen schon seit Jahren von halbautonomen Systemen übernommen und sparen da-durch nicht nur Arbeitskräfte, sondern werden immer wieder mit ihrer Verlässlichkeit undGenauigkeit beworben (Herzberg, Lingemann, & Nüchter, 2012). Mittlerweile überneh-men diese Systeme zunehmend komplexere Aufgaben und treffen eigene Entscheidungen.(Süddeutsche, 2010) Die Kernfrage ist jedoch: Welche Potenziale und Risiken stecken indieser Entwicklung für die Gesellschaft?Dieser Beitrag zielt darauf ab, einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereichmobiler Roboter zu geben, praktische Anwendungsbeispiele vorzustellen und über Aus-wirkungen für die Zukunft zu informieren.Nach der Darstellung begrifflicher Grundlagen wird ein Überblick über aktuelle For-schungen und Entwicklungen gegeben. Anschließend erfolgen Praxisbeispiele aus Haus-halt, Industrie, Militär. Den Schluss bildet eine Bewertung von Risiken und Potenzialen.
Bei Robotern unterscheidet man autonome und halbautonome Systeme. Zu den halbauto-nomen Systemen zählen beispielsweise Industrieroboter der Automobilindustrie. Hier wirdüber einen Computer eine Abfolge an Bewegungen und Tätigkeiten konfiguriert, die an-schließend automatisch ausgeführt wird. Da vor dem Betrieb eine manuelle Konfigurationnotwendig ist und die Maschinen bei der Ausführung beaufsichtigt werden müssen, sprichtman von halbautonomen Systemen.Ist eine Automatisierung weitgehend vollständig möglich und kein manueller Eingriffvonnöten, so handelt es sich um autonome Systeme. Ein autonomes System kann sich ausverschiedenen einzelnen halbautonomen Systemen ergeben. Grundlegend für ein solchesSystem ist eine Software, die die Informationen der Sensoren und der Assistenzsystemeauswertet, um beispielsweise eine Umgebungserkennung durchzuführen.Der Begriff der Autonomie lässt sich nicht vollständig abgrenzen, da ein Staubsauger-roboter zwar selbstständig eine Wohnung reinigt, allerdings regelmäßig zu seiner Basisstationzwecks Akku-Ladung zurückkehren muss. Per Definition ist ein autonomer mobiler Robotereine „Maschine, die sich in einer natürlichen Umgebung aus eigener Kraft und ohne Hilfestel-lung von außen bewegen und dabei ein ihr gestelltes Ziel erreichen kann. [...] Dabei erkenntsie die Umwelt, sofern dies notwendig ist, über eigene Sensoren“ (Hoppen, 1992) Vollständigautonom wäre der Staubsaugerroboter, wenn er unabhängig von einer Ladestation wäre undeine beliebige Steckdose in der Wohnung finden, ansteuern und benutzen könnte.Bei einem autonomen Fahrzeug wie dem Google driverless car ist ein Navigations-system zur Positionsbestimmung ein wichtiger Bestandteil, um ein Ziel zu erreichen. Miteinem zusätzlichen Umgebungserkennungssystem kann das Fahrzeug Hindernissen aus-weichen, bremsen und die Geschwindigkeit dem Verkehr anpassen. Telemetriedaten wieBenzinstand oder Motortemperatur werden ausgewertet, um den Zustand des Fahrzeugszu ermitteln und z. B. automatisch zur Tankstelle zu fahren.
Bei Flugrobotern, sog. Drohnen, handelt es sich um Flugobjekte, die einen eigenen Mik-rocontroller an Bord haben, um z. B. bei extremen Flugmanövern eine höhere Stabilitätzu gewährleisten oder bei Seitenwind die Steuerung zu vereinfachen. Diese etablierensich derzeit sowohl bei Militär, Behörden als auch in der Industrie und bei Privatpersonen.Der Unterschied liegt im Detail: Während bei Privatpersonen für Luftaufnahmen oder fürden Kunstflug halbautonome Drohnen eingesetzt werden, müssen Drohnen beim Militärauch ohne Kommunikation zur Basis einschätzen können, ob der Treibstoff für den Rück-flug ausreicht, und eine entsprechende autonome Entscheidung treffen.
In der Forschung werden neue Materialien auf Basis von Nano-Technologien hergestellt,die es z. B. dem Stickybot (Golem, 2010) erlaubt, Wände zu erklimmen. Ein Anwendungs-szenario wäre z. B., einen Roboter vollautomatisch zum Reinigen von schwer zugänglichenFenstern einzusetzen.Maschinen, die vom Mensch bedient werden, müssen ihn in der Regel auch transpor-tieren; daher unterliegt ein Passagierflugzeug anderen physikalischen Rahmenbedingun-gen als ein Modellflugzeug. Als Beispiel sei hier der fliegende Würfel von Festo genannt,der sich durch Inversionskinematik fortbewegt (Golem, 2012). Inversionskinematik ist dieBewegungslehre, bei dem ein Teil des Volumens reduziert und von innen nach außen um-gestülpt wird (Schatz, 2008). Ein auf Inversionskinematik basierendes Flugobjekt, das einenMenschen transportieren kann, müsste deutlich größer sein als das unbemannte Testob-jekt. Die Entwicklung kleiner, halbautonomer Maschinen bietet die Möglichkeit, mittelsPrototypen bisher ungenutzte Technologien zu erforschen.
Einsatzgebiete für Roboter finden sich neben der Forschung in Industrie, Militär und Alltag.In der Industrie sind fahrerlose Transportfahrzeuge mit oder ohne Greifarme weit verbreitet,die der automatisierten Zustellung von Gütern in Lagerhäusern dienen. Mit Positionssen-soren und Navigationssoftware ermitteln sie den eigenen Standort; die Steuerung erfolgtdurch eine Kommunikationszentrale, die entsprechende Aufträge z. B. bei der Kommissio-nierung von Gütern weiterleitet.Stationäre Industrieroboter ohne mobile Serviceeinheit dienen in der Automobilindust-rie oftmals zum Zusammenbau von Einzelteilen zu einem Bauteil, zur Lackierung oder zumBearbeiten von Werkstücken. Das Militär setzt Lenkraketen als halbautonome Systeme ein;diese werden zu Beginn einmalig auf ein Ziel programmiert. Nach dem Start kann die Raketeüber Satellitensysteme beobachtet und bei Bedarf über eine Fernsteuerung korrigiert werden(Heise, 2011). Des Weiteren werden halbautonome Systeme vermehrt für die Observierungvon Gebieten oder Verdächtigen, zum Entschärfen von Kampfmitteln oder zur Erkundungpotenziell gefährlicher Gebiete eingesetzt. Das US-Militär nutzt derzeit in Afghanistan undim Irak sogar bereits bewaffnete Drohnen (Spiegel, 2012), um Terroristen zu bekämpfen.Außerdem werden Roboter zur Kampfmittelräumung eingesetzt (Spiegel, 2007). Bei militä-rischen Robotern gibt es den European Land-Robot (M-ELROB) Wettbewerb, bei der unter-schiedliche autonome Roboter gegeneinander antreten, um in den Bereichen Erkundung,Aufklärung und Transport gegeneinander zu konkurrieren (Elrob, 2012).
Im privaten Sektor ermöglicht ein von BMW entwickeltes System dem Besitzer eines Autosdas vollautomatisierte Parken in Parklücken. Dies soll in naher Zukunft sogar das Abstellenin der Garage übernehmen (Handelsblatt, 2010).
Natürlich bieten die betrachteten Technologien viele Möglichkeiten, das Leben in unsererGesellschaft zu vereinfachen; jedoch bestehen weiterhin auch ernstzunehmende Risikenbeim Einsatz solcher Systeme. Für autonome Fahrzeuge bedarf es Gesetzesänderungen,die die Verantwortlichkeit bei einem Unfall klären: Ist es der Hersteller des Fahrzeugs,der Entwickler der Navigationssoftware oder die Person, die es vielleicht unterlassen hat,rechtzeitig in die Fahrt einzugreifen und einen Bremsknopf zu drücken (Süddeutsche,2010)? Durch den voranschreitenden Einsatz von Maschinen und Robotern in der Ferti-gungsindustrie verlieren Arbeitskräfte ihren Job. Um die vorhandenen Technologien weiterzu erforschen, wird entsprechend qualifiziertes Personal benötigt. Potenziale zeigten sichbeim Einsatz von Robotern bei der atomaren Katastrophe in Fukushima. Diese ermöglichten
eine erste Einschätzung der Katastrophe, ohne dass sich Menschen der vorhandenenStrahlenbelastung exzessiv aussetzen mussten (Spiegel, 2011). Auch werden Roboter
in der Raumfahrt für Erkundungsmissionen eingesetzt. Beispielsweise wurden die Marsrover
Spirit und Opportunity für einen halbautonomen Einsatz ausgerüstet; die Steuerung erfolgte
von der Erde. Gegenüber einer bemannten Mission kann hierbei auf einen Rückflug verzichtet
werden; die Entwicklungsbedingungen sind daher einfacher.
Die Vernetzung halbautonomer Systeme zu autonomen Systemen ist ein stetig wachsen-der Trend. Obwohl es noch Probleme bei der dauerhaften Energieversorgung oder derImplementierung einer künstlichen Intelligenz, die auf alle Situationen eingestellt ist,gibt, schreitet die Forschung voran. Roboter werden zunehmend Bestandteil im mensch-lichen Alltag werden. Fragen rechtlicher Art wie auch Sicherheitsaspekte sind noch zuklären. Dann aber können mobile Roboter vielfältig unterstützen, insbesondere aucheingeschränkte Menschen, die andernfalls auf Betreuer und Dienstleistungen angewie-sen sind. Roboter könnten in Zukunft Einkäufe erledigen, schwere Lasten tragen oderArbeiten bei gefährlichen Umweltbedingungen verrichten. Ein Missbrauch von Roboternfür kriegerische Aspekte ist vorstellbar; hier ist mit entsprechender Rechtsprechung früh-zeitig entgegenzuwirken.
Elrob. (2012). elrob.org. Abgerufen am 14. Juni 2012 von Elrob: The European Robot Trial: http://www.elrob.org/melrob/melrob2012/information2012/scenarios.html
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Herzberg, J., Lingemann, K., & Nüchter, A. (2012). Mobile Roboter - Eine Einführung aus Sicht der Informatik. Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg.
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Reiner Kempkes
Er hat eine Ausbildung zum Fachinformatiker abgeschlossen, arbeitet beider NIDAG GmbH und studiert berufsintegriert den Teilzeitstudiengangawis an der FH Mainz.
Martin Schöpper
1986 geboren, arbeitet als Engineer bei der BASF IT Services im Design-Center.
Neben der Arbeit studiert er berufsintegrierend Wirtschaftsinformatik ander FH Mainz.
Dennis Still
1985 geboren, arbeitet als Facheinkäufer im IT-Einkauf der Fraport AG.Parallel zum Beruf studiert er an der FH Mainz Wirtschaftsinformatik (awis).